Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer
- Die Albertina zeigt ihre absoluten Highlights zum Sammlungsschwerpunkt des Wiener Aquarells.
Anton Romako nützt das Aquarell, um etwa einen Tiger fotografisch genau zu zeigen.© Albertina
Anton Romako nützt das Aquarell, um etwa einen Tiger fotografisch genau zu zeigen.© Albertina
Nach Vorgängerausstellungen über die Kammermaler Erzherzog Johanns und die Österreichaquarelle für den kaiserlichen Guckkasten, ist die Schau über „Das Wiener Aquarell“ ein Parcours durch ein ganzes Jahrhundert, das durch besondere Beispiele und den bekanntesten Künstlernamen, Rudolf von Alt (1812-1905), geprägt wurde. Aufträge des Kaiserhauses und adeliger Familien machten die Künstler aber nicht unfrei. Das Phänomen Aquarell erlaubte Freiheiten wie Kettenhunde und Krautköpfe, doch was bürgerlich scheint, ist es meist nicht: Selbst ein scheinbar belangloser Ausblick aus dem Atelier von Alt oder die Genremalerei eines Peter Fendi und die Reisezyklen von Thomas Ender sind für das Kaiserhaus entstanden.
Verewigte Kleinigkeiten
Die Erfindung der Fotografie hat dem österreichischen Aquarell zu schaffen gemacht, da seine Eigenart ein besonderer Realismus war, mit dem Plätze, Landschaften und Menschen festgehalten wurden, und nicht, wie in England und Frankreich, malerische Lichtstimmungen. Die fürstliche Familie Liechtenstein und die Frau des Fürsten Metternich beauftragten viele Aquarellisten mit einem eigenen Typus, der „Zimmermalerei“: Jede Veränderung in Interieurs schien wert, festgehalten zu werden. Dabei war die Farbe wichtig, die es in den grafischen Veduten eines Salomon Kleiner noch ganz selten gab, außer beim Thema Menagerie des Prinzen Eugen.
Durch das Kolorieren von Stichen und Radierungen lernten die Maler den Umgang mit der Wasserfarbe. Heinrich von Füger hatte in Porträts der Familie Maria Theresias noch Gouache, Wasserfarbe und Tempera gemixt – wir kennen ihn vor allem als Historienmaler, doch er war ein Meister des Aquarells, das als eigenes Fach an der Akademie gelehrt wurde.
Künstlernamen wie Martin von Molitor, Matthäus Loder, Eduard Gurk oder Karl Ruß sind deshalb bis heute nicht bekannt, weil sie ausschließlich für die adeligen Auftraggeber malten und nicht wie Alt oder andere nach 1848 an die Öffentlichkeit treten mussten, um ihre Werke zu verkaufen. Das bekannteste Bildnis Franz Schubert (1825) gilt als Ikone, sein Schöpfer, Wilhelm August Rieder ist aber kein Prominenter. Mit Johann Knapp begann die botanische Genauigkeit für Pflanzenaquarelle, die mit Moritz Michael Daffinger zu einem Höhepunkt im Biedermeier gelangten. Kuratorin Maria Luise Sternath konnte die Legende ausräumen, dass der bekannte Porträtkünstler nach dem Tod seiner Tochter Mathilde aus Trauer nur noch Blumen malte. Seine Gattin Marie, deren Aquarell-Bildnis auf Elfenbein nun in der ganzen Stadt plakatiert ist, galt 1828 als schönste Frau Wiens.
Eine weitere Entdeckung ist die Signatur Jakob von Alt unter vielen Reiseaquarellen aus Italien als Auftragnehmer, die jedoch nach Außenstudien im Atelier von seinem Sohn Rudolf ausgeführt wurden. Der Einsatz des Guckkastens mit Kerzenlicht, für den Landschaften angeblich gefertigt wurden, ist wohl eher selten gewesen, denn die Serien sind zumeist nicht nachgedunkelt durch Ruß. Ab etwa 1850 malte Rudolf von Alt auf größeren, oft sogar angestückelten Formaten, nach einer Krise hat er die Aquarellmalerei noch einmal erneuert. Das taten auch die Einflüsse der Schule von Barbizon in den Blättern von August von Pettenkofen. Seine „Zigeunermode“ und die Erfindungen von Anton von Romako, der in Venedig eine exzentrische Form- und Farbgebung entwickelte, bilden einen eigenwilligen Abschluss. Aktuelle Wertschätzung genießen insbesondere Romakos „Tiger“ von 1870 oder sein „Mädchen mit Tauben“, früher als kitschige Irritation abgewertet, gelten sie heute als Aufbrüche ins neue Jahrhundert.
Ausstellung
Das Wiener Aquarell
Maria Luise Sternath (Kuratorin)
Albertina
Bis 13. Mai