Alina Zellhofer ist eine von nur wenigen Frauen, die Sport im TV präsentieren.© Wikimedia Commons/Steindy
Alina Zellhofer ist eine von nur wenigen Frauen, die Sport im TV präsentieren.© Wikimedia Commons/Steindy
Wien. „Das ist bestimmt eine Lesbe.“ – „Hat die überhaupt eine Erlaubnis, sich außerhalb der Küche aufzuhalten?“ – „So ein scheiß Genderdreck.“ Auf Claudia Neumann prasseln Hasspostings ein. Doch Neumann ist hart im Nehmen. Im Zentrum des Shitstorms lässt sie Wut und Raserei von sich abprallen. Sie ist es schließlich gewöhnt. Als Sportreporterin des ZDF hat sie gelernt, mit Anfeindungen umzugehen. Nur den Stein des Anstoßes will sie nicht verstehen. Was war geschehen? Sie hat doch nichts weiter getan, als ein Fußballmatch zu kommentieren – wie tausende Kollegen vor ihr. Doch im Unterschied zu ihnen ist Neumann eine Frau.
Als Claudia Neumann am 11. Juni 2016 im Zuge der Europameisterschaft als erste Frau im deutschen Fernsehen ein Fußballspiel eines Männerturniers kommentierte, rastete die Netz-Community aus. Alle Hemmungen fielen. Die Kommentare waren sexistisch und untergriffig – und sie stammten fast ausschließlich von Männern. Eine Frau will ihnen – den tausenden vermeintlichen Experten auf den Wohnzimmercouchen des Landes – Fußball erklären? Die Expertise Neumanns wurde als Frontalangriff auf die eigene Männlichkeit empfunden. Die Diffamierung der Moderatorin löste in den deutschen Medien eine Grundsatz-Debatte aus. Warum ist der Fußball in den Tiefen des Machismus stecken geblieben? Warum bleibt er derart sexistisch, während sich die Welt ringsum scheinbar geöffnet hat? Warum wird eine Frau zur Kanzlerin gewählt, eine Fußballkommentatorin jedoch auf tiefstem Niveau verunglimpft?
Der offensichtliche Sexismus in der Sportwelt wurde endlich thematisiert. Rufe nach einer Frauenquote in der Sportberichterstattung wurden laut. Denn Frauen sind in der Fernseh-Sportberichterstattung bis heute unterrepräsentiert. In den Sportsendungen des ORF sind 30 Prozent der redaktionellen Mitarbeiter weiblich. Eine davon ist Alina Zellhofer. Die gebürtige Linzerin ist seit fünf Jahren im Redaktionsteam von ORF-Sport, seit 2016 steht sie auch vor der Kamera. Sie moderiert die Sendung „Sport aktuell“ und präsentiert „Sport 20“ im Spartensender ORF Sport+. Bei den Olympischen Spielen in Rio im Sommer 2016 teilte sie sich mit dem Kollegen Rainer Pariasek die Moderationszeit vor der Kamera halbe-halbe. Mit der „Wiener Zeitung“ spricht Zellhofer über ihre Erfahrungen als Frau in einer vermeintlichen Männerdomäne. „Der Shitstorm auf Claudia Neumann bei der EM war unfassbar“, sagt sie. „Da fehlten mir ehrlich gesagt die Worte. So was ist mir noch nicht passiert. Die Reaktionen von außen sind größtenteils positiv.“ Trotzdem würde in der Sportberichterstattung mit zweierlei Maß gemessen. „Die Latte liegt bei Frauen wesentlich höher. Moderatorinnen werden viel kritischer beobachtet. Da wird nach Fehlern gesucht.“
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